Auch neue KdU-Richtlinie der Stadt Leipzig "durchgefallen"

von Sebastian Obermaier

Nachdem die Stadt Leipzig im vergangenen Jahr einsehen musste, dass ihre vom Sozialamt und vom Jobcenter Leipzig anzuwendende Richtlinie betreffend die Angemessenheitsgrenzen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung vor der Sozialgerichtsbarkeit keinen Bestand hatte
(so dass manchmal sogar mehrere tausend Euro nachgezahlt werden mussten), wurde am 07.06.2011 eine neue Richtlinie veröffentlicht. Gemäß der neuen Richtlinie sind folgende Bruttokaltmieten (Grundmiete + kalte Betriebskosten) noch angemessen: 1-Personenhaushalt (PH) 243,90 €, 2-PH 325,20 €, 3-PH 406,70 €, 4-PH 460,70 € und für jede weitere Person 54,20 €.

Mit der neuen Richtlinie wurde die für die Berechnung der jeweiligen Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegte Grundmiete pro Quadratmeter von 3,85 € auf 4,22 € erhöht. Gleichzeitig
wurde jedoch die 110%-Härtefallregelung (vormals 4,24 €/m² bzw. nunmehr 4,64 €/m²)
erheblich in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt. Letzteres hatte für so manchen
Bestandsmieter den Effekt, dass die von ihm zu zahlenden Kosten erstmals von der Behörde als unangemessen hoch eingeschätzt wurden.

Die 25. Kammer des Sozialgerichts Leipzig hat mit Beschluss vom 03.05.2012
– S 25 AS 1299/12 ER –
im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens - wegen eines
monatlichen Differenzbetrages von 112,14 € - erkannt, dass („auch“) die neue Richtlinie nicht den vom Bundessozialgericht formulierten Kriterien entspricht und dass deshalb bei der
Bestimmung der Angemessenheitsgrenze („weiterhin“) auf die um einen Sicherheitszuschlag von 10 % erhöhte Tabelle nach § 12 Wohngeldgesetz abzustellen ist. Da diese Tabelle auf die
Grundmiete zuzüglich den kalten Betriebskosten abstellt, ist eine gesonderte Aussage zu den Heizkosten zu treffen. Hierzu hat die 25. Kammer (auf BSG U.v. 20.08.2009 – B 14 AS 65/08 – verweisend) ausgeführt, dass die tatsächlichen Heizkosten als angemessen gelten, soweit
keine besonderen Umstände ersichtlich sind. Als angemessen sollten mithin alle Heizkosten
anzusehen sein, die unter dem in dem bundesweiten Heizkostenspiegel als „zu hoch“
angesehenen Wert liegen.

Auch wenn immer noch viele Rechtsfragen ungeklärt sind, bleibt festzuhalten, dass viel dafür spricht, dass alle beim Sozialgericht Leipzig für Grundsicherungsrecht (SGB II und SGB XII) zuständigen Kammern („auch“) die neue Richtlinie nicht anwenden und mangels anderer
Anhaltspunkte auf die erhöhte Wohngeldtabelle abstellen.

Demnach sollten folgende Bruttokaltmieten (Grundmiete + kalte Betriebskosten) von
dem Sozialgericht als noch angemessen angesehen werden: 1-Personenhaushalt (PH) 363 €, 2-PH 442,20 €, 3-PH 526,90 €, 4-PH 611,60 €, 5-PH 701,80 € und für jede weitere Person 84,70 €.

Für viele Betroffene wird es sich (ggf. „abermals“) lohnen, sich zu wehren.

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Von Sebastian Obermaier

Verfassungswidrigkeit der Regelleistungshöhe ?

Etwaige „Hartz IV“-Nachzahlung durch Überprüfungsantrag sichern !

Das Bundesverfassungsgericht hat sich aufgrund der Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts – B 14 AS 5/08 R – vom 27.01.2009 sowie des Hessischen Landessozialgerichts – L 6 AS 336/07 – vom 29.10.2008 mit der Frage zu befassen, ob die gemäß dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch gewährten Regelsätze verfassungsgemäß sind. Das Bundessozialgericht hat die Vorlagefrage auf die bloß 60%ige Regelleistung für Kinder bis 14 beschränkt; das Hessische Landessozialgericht hat alle Regelleistungssätze zur Überprüfung vorgelegt.

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Von Christoph May

Anspruch auf Übernahme von Betriebskostennachzahlungen durch die ARGE bei Antragstellung nach Fälligkeitstermin

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Es wandte sich damit gegen eine weit verbreitete Praxis der ARGEN, bei einem Übernahmeantrag nach einer vom Vermieter gesetzten Nachzahlungsfrist (oder auch nach Monatsfrist), den Antrag als verspätet abzulehnen und die Übernahme der Betriebskostennachzahlung zu verweigern.

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Von Andrea Reinsch

Pauschalabzug für Wassererwärmung von Regelleistung rechtswidrig

Das Sächsische Landessozialgericht hat in einer aktuellen Entscheidung vom 29.03.2007, L 3 AS 101/06, die Auffassung vertreten, dass die bisher vom Regelsatz des Arbeitslosengeld II vorgenommenen Abzüge für die Warmwasserbereitung in Höhe von 8,18 € für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft und 3,58 € für jede weitere Person nicht gerechtfertigt sind.

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Von Cornelia Gürtler

Arbeitslosengeld auch während Wiedereingliederung

Eine Maßnahme zu stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben läßt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entfallen.

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Von Cornelia Gürtler

Kein Anspruch auf Übernahme Stellplatzmiete

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Von Andrea Reinsch

Gepfändetes Einkommen – Anrechnung beim ALG II?

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Von Constanze Würfel

Recht der Arbeitsförderung

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