Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss – B 14 AS 64/17 B – vom 25.10.2017 auf die Beschwerde der Klägerin die Revision gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17.11.2016 zugelassen. Die bedeutet, dass gehofft werden darf, dass der 14. Senat des Bundessozialgerichts den rechtlichen Gehalt des „atypischen Sonderbedarfs“ nach § 21 Abs. 6 SGB II konturiert.
Im Rahmen der Hartz IV-Reform erfolgte ein grundlegender Systemwechsel hin zur Pauschalierung existenzsicherungsrechtlicher Bedarfe. Die Regelleistung soll (ggf. zusammen mit den gesetzlich vorgesehenen Mehrbedarfen, z. B. für werdende Mütter oder für Alleinerziehende) abschließend alle Bedarfe abdecken. Ausgeschlossen werden z. B. die früheren Einmalzahlungen im Hinblick auf die Anschaffung von Winterbekleidung.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil – 1 BvL 1/09 – vom 09.02.2010 die Verfassungsmäßigkeit der Pauschalierung erkannt, sofern es – zu Gewährleistung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums – Ausnahmen im Hinblick auf bei der Pauschalierung unberücksichtigte Bedarfe gibt. Daraufhin wurde der § 21 Abs. 6 SGB II mit folgendem Wortlaut in das Gesetz aufgenommen:
„Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und der Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.“
Das Bundessozialgericht erhält nunmehr die Möglichkeit, diese für Laien - aber auch für professionelle Rechtsanwender - kaum verständliche Norm auszulegen.
Zuvor hatten das Sozialgericht Leipzig (mit Urteil - S 20 AS 3257/10 - vom 10.01.2014) und das Sächsische Landessozialgericht (mit Urteil - L 3 AS 429/14 – vom 17.11.2016) geurteilt, dass die Fahrt- und Übernachtungskosten der seinerzeit Arbeitslosengeld II beziehenden Klägerin wegen der monatlichen Besuche ihre volljährigen (unschuldig wegen eines von „falschen Freunden“ verübten Mordes) in Ungarn (der ungarischen Sprache unkundig) inhaftierten (seelisch schwer belasteten) Tochter, keinen Mehrbedarf auslösen [und eine Revision nicht zugelassen]. Die Mutter sei rechtlich nicht zu den Besuchen verpflichtet gewesen und ein Mehrbedarf setzte eine rechtliche Verpflichtung voraus.
Im Übrigen wird sich das Bundessozialgericht mit der Frage zu befassen haben, ob der Sozialhilfeträger dem gegen das Jobcenter gerichteten Verfahren beizuladen war; insbesondere wegen des streitgegenständlichen Teil-Leistungszeitraumes vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (in dem auch eine einstweilige Regelung für die Zeit bis zur Gesetzesänderung getroffen wurde).