Lebensversicherungen und Arbeitslosenhilfe

LSG Berlin: Lebensversicherungen dürfen ab 2003 verstärkt auf Arbeitslosenhilfe angerechnet werden.

Die ab dem Jahre 2003 geltende Arbeitslosenhilfe-Verordnung, die eine Anrechnung der Lebensversicherung in erhöhtem Maß auf Arbeitslosenhilfe vorsieht, ist nicht verfassungswidrig. Das entschied das Landessozialgericht Berlin. Insbesondere verstoße die Regelung, die den Freibetrag von vorher 520 auf nun 200 Euro je Lebensjahr des Arbeitslosen abgesenkt hat, nicht gegen das Gleichheitsgebot, entschied das Gericht (Urteil vom 11.06.2004, AZ.: L 6 AL 25/04, nicht rechtskräftig). Sachverhalt

Die 1949 geborene Klägerin hatte bis Anfang 2003 mehr als 16.000 Euro in eine Kapitallebensversicherung eingezahlt. Als sie ab Februar 2003 beim Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe beantragte, lehnte das Arbeitsamt die Leistung ab, weil die Klägerin nicht bedürftig sei. Sie müsse den Teil der Lebensversicherung verwerten, der den geschützten Betrag von 10.800 Euro (Zahl der Lebensjahre multipliziert mit je 200 Euro) übersteige. Die Frau hatte dagegen vor dem SG Berlin geklagt, das ihr Begehren zurück wies.

LSG bestätig Vorinstanz

Auch vor dem Landessozialgericht hatte die Frau keinen Erfolg. Das LSG bestätigte die Vorinstanz und wies die Klage in der Berufung ab. In seiner mündlichen Urteilsbegründung wies der Vorsitzende Richter am Landessozialgericht Wolfgang Düe darauf hin, dass die ab dem Jahre 2003 geltende Arbeitslosenhilfe-Verordnung, soweit sie den Freibetrag von vorher 520 auf nunmehr 200 Euro je Lebensjahr des Arbeitslosen abgesenkt habe, den Rang eines formellen Parlamentsgesetzes und nicht nur einer Rechtsverordnung besitze, weil sie durch den Deutschen Bundestag (als so genanntes Hartz-I-Gesetz) beschlossen worden sei.

Anrechnung nicht verfassungswirdrig

Die Berliner Richter sahen in dem beanstandenden Gesetz auch keinen Verfassungsverstoß, insbesondere gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn der Gesetzgeber könne zeitlich aufeinander folgende Regelungen unterschiedlich gestalten und auch unterschiedlich behandeln, wenn sachliche Gründe dafür sprechen. Auch gebe es keinen Anspruch darauf, dass die Höhe einer staatlichen Leistung bis in alle Ewigkeit geschützt sei.

Verwertung der Versicherung auch nicht unwirtschaftlich

Schließlich sei die Verwertung der angesparten Kapital-Lebensversicherung auch nicht unwirtschaftlich, weil der Rückkaufwert als Verkehrswert der Lebensversicherung anzusehen sei, so das Gericht weiter. Die Versicherungen müssten aber selbst dann zurückgekauft und für den eigenen Lebensunterhalt eingesetzt werden, wenn mehr ein- als derzeit ausgezahlt werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das Landessozialgericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Zurück

Von Sebastian Obermaier

Sperrzeit oder Minderung (Sanktion), weil Bewerbungsschreiben nicht ankam?

Das Sozialgericht Leipzig hat mit Gerichtsbescheid – S 9 AS 3050/15 – vom 12.09.2017 eine Sanktionierung durch das Jobcenter aufgehoben, obwohl die Arbeit suchende Person weder den Eingang der Bewerbung bei dem potentiellen Arbeitgeber noch die Absendung der Bewerbung (nach den strengen Beweisregeln) beweisen konnte.

Weiterlesen …

Von Sebastian Obermaier

Erfolgreiche NZB: Bundessozialgericht wird sich wegen Besuchsfahrtkosten zur inhaftierten Tochter mit „atypischem Sonderbedarf“ gemäß § 21 Abs. 6 SGB II befassen

Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss – B 14 AS 64/17 B – vom 25.10.2017 auf die Beschwerde der Klägerin die Revision gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17.11.2016 zugelassen. Die bedeutet, dass gehofft werden darf, dass der 14. Senat des Bundessozialgerichts den rechtlichen Gehalt des „atypischen Sonderbedarfs“ nach § 21 Abs. 6 SGB II konturiert.

Weiterlesen …

Von Raik Höfler

BSG: Zur Aufteilung der Unterkunftskosten bei Leistungen nach dem SGB II während der Sanktion eines Leistungsberechtigten

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 23.05.2013 (Az.: B 4 AS 67/12 R) entschieden, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II für Zeiten, in denen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf Grund eingetretener Sanktionen keine Leistungen für Unterkunft und Heizung erhalten, einen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung haben.

Weiterlesen …

Von Christoph May

ALG II und sittenwidriger Arbeitslohn

Oftmals zahlen Arbeitgeber viel zu niedrige Löhne, so dass die Arbeitnehmer gezwungen sind, aufstockend Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Als sittenwidrig ist z.B. ein Lohn von 3,50 Euro brutto anzusehen. Wenn Arbeitsentgelte sittenwidrig niedrig sind, steht den Betroffenen aus § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung, im Zweifel also der Tariflohn zu. Auch macht sich der Arbeitgeber dann strafbar.

Weiterlesen …

Von Sebastian Obermaier

Noch 2010 SGB II und SGB XII Überprüfungsanträge stellen! Verlust (z.B.) der (KdU-) Nachzahlungsansprüche 2006 bis 2009 droht !

Auch wenn die am 3.12.2010 vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesänderungen vorerst vom Bundesrat gestoppt sind, ist dringend zu empfehlen, (nachweislich bis spätestens 31.12.2010 bei der Behörde eingehende) Überprüfungsanträge zu stellen, wenn die Vermutung besteht, dass in den Jahren 2006 bis 2009 zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II oder nach dem SGB XII ganz oder teilweise vorenthalten wurden.

Weiterlesen …

Von Sebastian Obermaier

„Hartz IV“-Härtefall-Zuschläge beantragen !

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – erkannt, dass dem SGB II eine Härtefallregelung fehlt und diese (im Rahmen einer einstweiligen Anordnung bis zur gesetzlichen Neuregelung) mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt.

Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag abzudecken. Das Gesetz muss dann jedoch eine Härtefallöffnungsklausel für atypische Fälle haben.

Weiterlesen …

Von Sebastian Obermaier

Mahngebühren zurückfordern ! Mahngebührenfestsetzungen der Bundesagentur für Arbeit wegen ALG II-Rückforderungen rechtswidrig

Das Sächsische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 25.02.2010 – AZ: L 2 AS 451/09 - die Berufung der Bundesagentur für Arbeit gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 26.05.2009 – S 23 AS 457/08 – zurückgewiesen. Damit wurde die Stattgabe der auf grundsätzlichen sozialverwaltungsrechtlichen Erwägungen gestützten Klage gegen eine Mahngebührenfestsetzung der Bundesagentur für Arbeit wegen einer Arbeitslosengeld II-Rückforderung bestätigt.

Weiterlesen …

Von Andrea Reinsch

Kürzung der Regelleistung bei Krankenhausaufenthalt – Überprüfungsantrag lohnt

Seit 2005 kürzen die für das Arbeitslosengeld-II zuständigen Behörden die Regelleistung bei einem Aufenthalt im Krankenhaus um einen pauschalen Betrag. Begründet wird dies damit, dass durch die Krankenhausverpflegung eine Kostenersparnis eintritt und der Leistungsempfänger sich diese anrechnen lassen muss.

Erst das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.06.2008 zum Aktenzeichen B 14 AS 22/07 R dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben. Das Gericht hat bestätigt, dass es bis zum 01.01.2008 keine Rechtsgrundlage für eine solche Kürzung gegeben hat.

Weiterlesen …