BSG stellt klar: Kinder getrennt lebender Eltern haben keinen eigenen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Wohnung des nur umgangsberechtigten Elternteils

von Constanze Würfel

Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 17.Februar 2016 (Az.: B 4 AS 2/15 R) höchstrichterlich die Frage geklärt, ob Kinder getrennt lebender Eltern neben Ansprüchen auf Regelleistung und ggf. Mehrbedarf auch eigene Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Wohnung des nur umgangsberechtigten Elternteils haben.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall begehrte ein minderjähriger Sohn getrennt lebender Eltern Kosten der Unterkunft. Er hielt sich überwiegend bei seiner Mutter auf. Sie erhielten beide Hartz IV Leistungen, vom Jobcenter wurden Kosten der Unterkunft für einen 2-Personenhaushalt bewilligt.

Aller 14 Tage, jeweils von Freitagnachmittag bis Montagfrüh besuchte der Sohn seinen Vater. Der Vater studierte noch und war deshalb von SGB II Leistungen ausgeschlossen.

Vater und Sohn klagten dagegen. Sie begehrten die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Wohnung des Vaters.  Das Jobcenter gewährte dem minderjährigen Sohn daraufhin Kosten der Unterkunft und Heizung anteilig für die Tage, an denen dieser sich im Rahmen des Umgangsrechtes bei seinem Vater aufhielt.  Es  bestehe kein sachlicher Grund, dem Sohn anteilig Leistungen für Unterkunft und Heizung über seine tatsächliche Anwesenheit hinaus beim umgangsberechtigten Vater zu gewähren. Das Sozialgericht Leipzig verurteilte das beklagte Jobcenter, dem klagenden Sohn „zu Händen“ des Vaters Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen. Zwar habe der studierende Vater keinen Anspruch auf SGB II Leistungen, jedoch könne der minderjährige Sohn Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Kopfteilprinzip in Höhe der Hälfte der tatsächlich anfallenden und angemessenen Kosten verlangen.

Auf die Berufung der Kläger hin hob das Sächsische Landessozialgericht mit Urteil vom 15.01.2015, Az.: L 2 AS 161/11, die erstinstanzliche Entscheidung auf und lies wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zu. Das BSG bestätigte nun die Rechtsauffassung der Sächsischen Landesssozialgerichtes. Bestehe wegen der Wahrnehmung des Umgangsrechtes ein zusätzlicher Wohntraumbedarf des umgangsberechtigten Elternteils, kann dieser im Rahmen der konkreten Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen sein. Der Mehrbedarf für die Unterkunft infolge der Ausübung des Umgangsrechtes ist dem umgangsberechtigten Elternteil zuzurechnen – nicht dem Kind. Das Kind habe diesbezüglich keine eigenen Ansprüche.

Die Entscheidung klingt nach Formalismus, aber letztlich ist die Frage, wer hier Ansprüche geltend machen kann, in der vorliegenden Konstellation- wie man sieht - von großer Bedeutung. Betroffene umgangsberechtigte Elternteile können ggf. Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft geltend machen, da sie einen Teil der Wohnung für die Unterbringung der Kinder vorhalten. Dies setzt aber in jedem Falle voraus, dass sie selbst dem Grunde nach einen Anspruch auf SGB II Leistungen haben – genau dies war aber vorliegend nicht gegeben. Der Student hat das Nachsehen – denn auch das BaföG kennt leider keine Erhöhung des Mietkostenzuschlages bei zusätzlichem Wohnraumbedarf wegen der Wahrnehmung von Umgangsrechten.  Ärgerlich für alle jungen Eltern, wie ich finde.

Constanze Würfel

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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